Mit ETIAS wird, ähnlich dem sogenannten "Electronic System for travel authorisation" (ESTA) der USA, ein neues europäisches Reisegenehmigungssystem errichtet.
Überblick
Visumbefreite Drittstaatsangehörige, welche in den Schengen-Raum einreisen wollen, werden verpflichtet, vor Antritt ihrer Reise in den Schengen-Raum online eine gebührenpflichtige ETIAS-Reisegenehmigung zu beantragen. Diese wird 7 Euro kosten und grundsätzlich 3 Jahre gültig sein.
Am 9. Oktober 2018 hat die EU die Verordnung zur Schaffung des Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems (ETIAS-VO) verabschiedet. Sie stellt eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes dar, die von der Schweiz grundsätzlich übernommen werden muss.
Mittels einer weitgehend automatisierten Risikoüberprüfung der Reisenden soll ETIAS zur Erhöhung der inneren Sicherheit, zur Prävention illegaler Immigration und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beitragen. Zudem soll die Wirksamkeit der Grenzkontrolle erhöht werden, da bestehende Informations- bzw. Sicherheitslücken durch eine vorgängige Risikoprüfung geschlossen werden. Die ETIAS-Reisegenehmigung garantiert keinen Anspruch auf Einreise und wird zu einer neuen Bedingung für die Einreise von visumbefreiten Drittstaatsangehörigen in den Schengen-Raum. Das heisst, ohne gültige ETIAS-Reisegenehmigung wird der betroffenen Person die Einreise in den Schengen-Raum verweigert. Entsprechend müssen Beförderungsunternehmer prüfen, ob ihre Passagiere bei Reiseantritt im Besitz einer gültigen ETIAS-Reisegenehmigung sind.
Mit ETIAS soll ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Gewährleistung der Mobilität der visumbefreiten Drittstaatsangehörigen und der Erhöhung der Sicherheit gefunden werden.
Stand der Arbeiten auf EU-Ebene
Für die technischen Umsetzungsarbeiten zur Entwicklung und den Betrieb eines ETIAS-Zentralsystems (CS-ETIAS) ist die IT-Agentur der Europäischen Union eu-LISA verantwortlich. Es ist nach heutigem Kenntnisstand von einem ETIAS Go-Live frühestens im Mai 2025 auszugehen.
In der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex wird die ETIAS-Zentralstelle aufgebaut, die insbesondere die manuelle Vorprüfung von Anträgen und die Festlegung des für die weitere Prüfung zuständigen Mitgliedstaats vornimmt. Manuell geprüft werden nur jene Fälle, in denen eine Reisegenehmigung nicht im automatisierten Prozess erteilt werden kann.
Stand der Arbeiten in der Schweiz
Die Bundesversammlung hat am 25. September 2020 die Übernahme und Umsetzung der Verordnung (EU) 2018/1240 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) verabschiedet. Die Referendumsfrist ist am 14. Januar 2021 unbenutzt verstrichen.
In der Zwischenzeit hat die EU die Verordnung (EU) 2018/1240 durch die Verordnungen (EU) 2021/1150 und (EU) 2021/1152 angepasst. Die ETIAS-Änderungsverordnungen wurden am 7. Juli 2021 vom Europäischen Parlament und vom Rat der EU verabschiedet. Der Bundesrat hat die Übernahme der Verordnungen am 11. August 2021 unter Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung gutgeheissen. Am 18. Mai 2022 hat der Bundesrat die Botschaft zur Übernahme und Umsetzung der ETIAS-Änderungsverordnungen gutgeheissen. Das Parlament hat die Vorlage im Dezember 2022 angenommen.
Die Umsetzung der ETIAS-VO in der Schweiz fällt in verschiedene Zuständigkeitsbereiche des Bundes und der Kantone. Insgesamt muss einerseits die technische Anbindung der nationalen Systeme an das ETIAS-Zentralsystem (CS-ETIAS) der EU erfolgen. Andererseits ist der Aufbau einer nationalen ETIAS-Stelle (NES) im SEM notwendig, welche insbesondere die manuelle Prüfung von Anträgen im Zuständigkeitsbereich der Schweiz übernehmen wird. Schliesslich muss auch eine zentrale Zugangsstelle für die Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden (ZZS) geschaffen werden.
Das Projekt ETIAS des SEM verfolgt das Ziel, die ETIAS-VO im Zuständigkeitsbereich des SEM umzusetzen. In der Konzeptphase wurden zwischen Mitte 2019 und Mitte 2021 mit dem Geschäftsorganisationkonzept die Grundlagen für die Aufbau- und Ablauforganisation erarbeitet. Ausserdem wurde das Systemkonzept für die national zu entwickelnden Systemkomponenten erstellt.
In der seit Sommer 2021 laufenden Realisierungsphase liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung des nationalen Systems. Zum einen ist eine Zugangskomponente (CEAC) für die Anbindung der nationalen Systeme an das ETIAS-Zentralsystem zu entwickeln, zum anderen eine Fachapplikation (N-ETIAS) zur Unterstützung der Geschäftsprozesse. Der Lead für den Aufbau der nationalen ETIAS-Stelle liegt bei der Fachlinie in der Abteilung Einreise. Das Projektteam unterstützt die Fachlinie bei der Erarbeitung der benötigten Grundlagen zur Umsetzung der ETIAS-Geschäftsprozesse.
Nicht Teil des Projekts ETIAS des SEM sind die notwendigen Anpassungen an den nationalen Systemen zur Nutzung des lesenden Zugriffs zum ETIAS-Zentralsystem sowie den jeweiligen Geschäftsprozessen der Grenzkontroll-, Einwanderungs- und Strafverfolgungsbehörden.
Die Umsetzungsarbeiten der Schweiz orientieren sich am Zeitplan der EU. Das SEM beteiligt sich aktiv an den Arbeiten auf europäischer Ebene in den Arbeits- und Expertengruppen der Europäischen Kommission, der IT-Agentur eu-LISA und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex.
Letzte Änderung 27.08.2024