Terroristen und andere Schwerstkriminelle agieren global, nutzen digitale Mittel, sind vernetzt und grenzüberschreitend tätig. Das Flugzeug ist für sie ein wichtiges Transportmittel. Die Nutzung von Flugpassagierdaten, international bekannt als «Passenger Name Record» (PNR), ist heute bereits in vielen Ländern ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Terrorismus und anderer Schwerstkriminalität. Damit auch die Schweiz PNR nutzen kann, braucht sie eine gesetzliche Grundlage.
Aktuell
Am 21. März 2025 hat das Parlament das Flugpassagierdatengesetz in der Schlussabstimmung verabschiedet. Nach abgelaufener Referendumsfrist tritt das Gesetz und die entsprechende Verordnung voraussichtlich Ende 2026 in Kraft.
Wer mit dem Flugzeug reist, macht bei der Buchung oder beim Einchecken verschiedene Angaben: Dazu gehören Vor- und Nachnamen, Kontaktangaben inkl. Adresse und Telefonnummer, Reisedatum und Reiseroute, Angaben zum Gepäck, zur Zahlungsart oder zu Mitreisenden.
Diese Informationen werden von den Fluggesellschaften in einem sogenannten Passenger Name Record (PNR) zusammengefasst – auch in der Schweiz. Bei Flügen in ein Land, das PNR nutzt, sind die Fluggesellschaften bereits heute verpflichtet, den Behörden des Ziellands diese Informationen zu übermitteln. So verlangen es die Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates von den Mitgliedstaaten – und damit auch von der Schweiz – und das Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt. Für die in der Schweiz tätigen Fluggesellschaften sind dies weder neue noch unbekannte Verpflichtungen.
Sicherheitsrelevante Aspekte
PNR ist ein seit Jahren erfolgreich eingesetztes Instrument zur Bekämpfung von Terrorismus und anderer Schwerstkriminalität. PNR-Daten können dazu beitragen:
- gesuchte Verdächtige, Beschuldigte oder Verurteilte zu lokalisieren,
- bisher unbekannte Risikopersonen zu erkennen
- oder international tätige Netzwerke (etwa im Zusammenhang mit Menschenhandel) einfacher aufzudecken.
Für die Polizei bedeuten diese Ermittlungsmöglichkeiten mit PNR einen wertvollen Zeitgewinn: Sie kann die notwendigen Massnahmen rechtzeitig vorbereiten und umsetzen.
Wirtschaftliche Aspekte
Die Nutzung von PNR ist eine Voraussetzung für den Verbleib im Visa Waiver Program (VWP) der USA, dass es Geschäftsreisenden und Touristen erlaubt, ohne Visum in die USA zu reisen. Ein Ausschluss aus dem Programm hätte für die Schweiz wirtschaftliche Konsequenzen: Geschäftsreisen würden erschwert und die Handelsbeziehungen in Mitleidenschaft gezogen.
Die Schweiz ist eine wichtige Drehscheibe des internationalen Luftverkehrs: Sie muss den Austausch und die zulässige Bearbeitung von PNR-Daten mit der EU und mit Drittstaaten regeln. In der Schweiz ansässige Fluggesellschaften, die Flüge in die EU, die USA oder nach Kanada durchführen, müssen bereits heute PNR-Daten ins Zielland übermitteln. Andernfalls drohen Sanktionen wie Geldbussen oder sogar der Entzug von Landerechten.
Zerschlagung eines Prostitutionsnetzwerks dank PNR-Daten
Eine Kantonspolizei vermutet einen Fall von Menschenhandel: Am Flughafen Zürich landen regelmässig junge Frauen aus einer osteuropäischen Stadt. Sie sind immer in Begleitung eines unbekannten Mannes. Alle Tickets werden über das gleiche Reisebüro gebucht und mit derselben Kreditkarte bezahlt.
Auf Ersuchen der Kantonspolizei setzt die Passenger Information Unit (PIU) – Spezialistinnen und Spezialisten von Bund und Kantonen – die bekannten Daten (Name des Reisebüros und Kreditkartennummer) auf eine Beobachtungsliste.
Einige Wochen später erhält die PIU eine Übereinstimmung (Treffer) aus dem Abgleich der Liste. Nach manueller Überprüfung wird die Information der Kantonspolizei weitergeleitet. Bei Ankunft des betreffenden Mannes in der Schweiz wird dieser festgenommen. Die Befragung und die ersten Untersuchungen erhärten den Verdacht, dass es sich um einen Menschenhändler handelt.
Die Polizei stellt daraufhin bei der PIU einen Antrag, um zu überprüfen, ob besagter Mann in den letzten drei Wochen weitere solche Flüge unternommen hat. Die PIU prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dies der Fall, führt sie die beantragte Recherche durch und bestätigt, dass der festgenommene Mann mehrmals dieselbe Flugverbindung genutzt hat.
Dank dieser zusätzlichen Informationen kann die Kantonspolizei ihre Ermittlungen fortsetzen, weitere Opfer identifizieren und sie vor Ausbeutung bewahren.
Die Flugpassagiere werden bei der Buchung über die Verwendung ihrer PNR-Daten informiert.
Mit der Einführung des Flugpassagierdatengesetzes müssen sie bei der Buchung keine zusätzlichen Daten angeben. Die Fluggesellschaften geben nur Informationen weiter, die sie von den Passagieren bereits erhalten haben.
Bei Flügen in ein Land, das PNR nutzt, sind die Fluggesellschaften bereits heute verpflichtet, den Behörden des Ziellands die PNR-Daten zu übermitteln.
Bei fedpol wird eine zuständige Stelle für PNR aufgebaut: die Passenger Information Unit (PIU). Die PIU setzt sich aus Mitarbeitenden von Bund und Kantonen zusammen.
Das Gesetz legt den Schwerpunkt auf den Schutz der Daten und die Persönlichkeitsrechte der Passagiere. Besonders schützenswerte Daten wie ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse Überzeugung, Gesundheitszustand oder sexuelle Neigungen sind nicht Bestandteil der PNR-Daten.
Der Nutzungszweck von PNR und der Datenzugriff sind streng geregelt. Eine Datenbearbeitung darf nur zur Bekämpfung von Terrorismus- und anderer Schwerstkriminalität erfolgen. Zugriff auf die PNR-Daten hat ausschliesslich die Passenger Information Unit (PIU).
Treffer aus dem Datenabgleich überprüft die PIU immer zuerst manuell, bevor sie sie den zuständigen Behörden weiterleitet.
Zum besseren Schutz werden Daten ohne Anhaltspunkte für Terrorismus oder anderer Schwerstkriminalität einen Monat nach ihrem Eingang bei der PIU automatisch pseudonymisiert. Jede Person kann bei fedpol Auskunft darüber verlangen, ob die PIU-Daten über sie bearbeitet.
Letzte Änderung 20.10.2025