Ansprache von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga zum Tag der Kranken 2015

Bern, 01.03.2015 - Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Kranke, liebe Angehörige, Freunde und Bekannte von Kranken, liebe Pflegende

Wir alle haben es schon selbst oder im näheren Umfeld erlebt: Eben lief noch alles in geordneten Bahnen, dann wird beim Vater, bei der Partnerin, bei einem guten Freund oder bei einer nahen Bekannten eine schwere Krankheit diagnostiziert - und alles ist innert Minuten anders, bedrohlich und ungewiss. Das Leben gerät aus den Fugen.

Wie gehen wir damit um, wenn plötzlich nichts mehr ist wie früher? Wenn Angst und Ohnmacht die Lebensfreude verdrängen? Kurz, wenn man in seinen Grundfesten erschüttert wird?

Patentrezepte gibt es für solche Situationen nicht. Jede und jeder muss seinen eigenen Weg finden, mit einer solchen Situation umzugehen. Ich selber bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich jemandem anvertrauen zu können - eine enge Bezugsperson zu haben, mit der man seine Ängste und Sorgen teilen kann. Aber auch jemanden zu haben, der einem hilft, die neue Situation einzuordnen und Antworten zu finden auf die neuen und ungewohnten Fragen.

Schwierig sind solche Situationen auch für das Umfeld. In erster Linie für die Angehörigen, aber auch für Freunde und Bekannte. Auch sie erleben Ängste, Trauer und Unsicherheit. Oft kommt bei diesen Personen dazu, dass sie ihre Angehörigen unterstützen oder pflegen. Das kann zu Belastungen führen, weil man sich in solchen Situationen oft zurücknimmt und sich selber zu wenig Sorge trägt. Vergessen wir also auch das Umfeld von Kranken nicht.

Unsicherheit im Umgang mit Kranken besteht oft auch bei uns Gesunden. Wie gehe ich mit jemandem um, von dem ich weiss, dass er krank ist? Darf ich ihn oder sie darauf ansprechen? Oder rede ich mit ihr lieber nur über das Wetter? Das direkte Ansprechen von schwierigen Situationen ist vielleicht nicht der einfachere Weg, es ist aber sicher der richtige Weg.

Die Konfrontation mit einer schweren Krankheit und ihre gemeinsame Bewältigung kann aber auch eine Chance sein. Sie kann neue Erfahrungen oder Perspektiven bringen, Beziehungen festigen oder vertiefen, oder dazu führen, dass wir das Leben bewusster und sorgfältiger wahrnehmen.  

Am diesjährigen Tag der Kranken möchte ich allen Menschen danken, die sich täglich für das Wohl von kranken Menschen einsetzen: dem Pflegepersonal, den Ärztinnen und Ärzten, den Angehörigen und allen anderen, die kranken Menschen zur Seite stehen.

Und Ihnen, liebe Kranke, wünsche ich heute und in Zukunft von Herzen Kraft und Zuversicht.


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Letzte Änderung 19.01.2023

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