Solidaritätsbeiträge für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen: Erste Auszahlungen
Bern, 21.12.2017 - Das Bundesamt für Justiz hat 366 Gesuche um einen Solidaritätsbeitrag für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 gutgeheissen. Die Opfer, die aufgrund einer schweren Erkrankung oder ihres sehr hohen Alters oberste Priorität geniessen, erhalten im Januar 2018 den Maximalbetrag von je 25 000 Franken.
Bis heute sind beim Bundesamt für Justiz (BJ) 4310 Gesuche um einen Solidaritätsbeitrag für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 eingegangen. Die Auszahlungen können jetzt früher als geplant beginnen, weil inzwischen angenommen werden kann, dass bis zum Ablauf der Frist am 31. März 2018 weniger als 12 000 Gesuche eingehen werden. Das zeigen die Zahl der bisherigen Gesuchseingänge und die kürzlich erfolgten Abklärungen bei den kantonalen Anlaufstellen und Archiven. Gleichzeitig bedeutet das auch, dass alle Opfer, deren Gesuch gutgeheissen wird, den Maximalbetrag von je 25 000 Fr. erhalten werden.
366 Opfer erhalten Geld schon im Januar 2018
Gesuche von Opfern, die an einer schweren Erkrankung leiden oder über 90 Jahre alt sind, hat das BJ in Zusammenarbeit mit der beratenden Kommission für die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen als erste behandelt. Diese Personen erhalten den einmaligen Solidaritätsbeitrag im Januar 2018. Alle anderen prioritären Gesuche werden im Laufe des kommenden Jahres bearbeitet. Dabei handelt es sich vor allem um Gesuche von Personen, die über 75 Jahre alt sind oder bereits Soforthilfe erhalten haben, weil sie in besonders schwierigen finanziellen Verhältnissen leben. Über die weiteren Gesuche wird das BJ fortlaufend in der Reihenfolge ihres Eingangs entscheiden und die Solidaritätsbeiträge entsprechend auszahlen.
Bereits acht Kantone und 20 Gemeinden beteiligen sich finanziell
Die Solidaritätsbeiträge werden hauptsächlich durch den Bund finanziert. Die Kantone und Dritte können sie mit freiwilligen Zuwendungen unterstützen. Bislang haben acht Kantone, nämlich die Kantone Solothurn, Appenzell Innerrhoden, Graubünden, Thurgau, Glarus, St. Gallen, Obwalden und Appenzell Ausserrhoden solche Zuwendungen beschlossen. Zudem haben auch schon 20 Gemeinden entschieden, die Solidaritätsbeiträge mitzufinanzieren. Die Kantone und Gemeinden beteiligen sich auch auf diese Weise an der Wiedergutmachung und an einem wichtigen Akt der Solidarität mit den Opfern.
Gesuche können bis am 31. März 2018 eingereicht werden
Das Gesetz sieht vor, dass Gesuche bis am 31. März 2018 eingereicht werden können. Für Personen, die sich als Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 betrachten und ihren Anspruch auf einen Solidaritätsbeitrag geltend machen wollen, bleiben somit noch drei Monate Zeit, um ein Gesuch einzureichen. Sie können sich dabei unentgeltlich von den kantonalen Anlaufstellen und Staatsarchiven unterstützen lassen. Die kantonalen Anlaufstellen helfen beim Ausfüllen des Gesuchs und veranlassen die Aktensuche bei den Staatsarchiven.
Der Solidaritätsbeitrag ist Teil des Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, das in den letzten Jahren innert kürzester Zeit erarbeitet und verabschiedet werden konnte. Das Gesetz regelt mehr als die Solidaritätsbeiträge: Es anerkennt, dass den Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen Unrecht angetan worden ist, "das sich auf ihr ganzes Leben ausgewirkt hat". Weiter ermöglicht es die wissenschaftliche Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der schweizerischen Sozialgeschichte, namentlich im Rahmen der unabhängigen Expertenkommission "administrativ versorgte Menschen" sowie im Nationalen Forschungsprogramm 76 "Fürsorge und Zwang - Geschichte, Gegenwart, Zukunft". Zudem sorgt es für die Sicherung der Akten und regelt die Akteneinsicht für die Betroffenen. Das Gesetz schafft auch die Rechtsgrundlage für die Unterstützung von Selbsthilfeprojekten Betroffener.
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Letzte Änderung 26.06.2024