Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold zum Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die registrierte Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare

Berna, 14.11.2001 - Vale il testo parlato

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Meine Damen und Herren

Liebe ist, wenn zwei Menschen sich gern haben. Liebe ist, wenn ein Mann und eine Frau beschliessen, fortan den Lebensweg gemeinsam zu gehen. Und Liebe ist, wenn zwei Frauen oder zwei Männer beschliessen, zusammenzuziehen und sich in guten und schlechten Zeiten beizustehen. Es geht also heute um die Liebe. Den die Liebe ist der eigentliche Hintergrund für das Gesetzgebungsprojekt, das der Bundesrat heute in Vernehmlassung schickt.

Verschiedengeschlechtliche Paare können heute ihre Beziehung rechtlich durch die Ehe absichern lassen. Gleichgeschlechtliche Paare haben diese Möglichkeit nicht. Die Vorlage, zu der der Bundesrat heute das Vernehmlassungsverfahren eröffnet hat, will hier Abhilfe schaffen: Auch ein gleichgeschlechtliches Paar soll in Zukunft ein Rechtsinstitut zur Verfügung haben, das ermöglicht, der Lebensgemeinschaft einen rechtlichen Rahmen zu geben.

Dieses Rechtsinstitut soll die registrierte Partnerschaft sein. Gleichgeschlechtliche Paare sollen die Möglichkeit erhalten, ihrer Liebe öffentlich Ausdruck zu geben und füreinander, aber auch gegenüber dem Gemeinwesen, Verantwortung zu übernehmen.

Die Registrierte Partnerschaft unterscheidet sich in ihren Wirkungen von der Ehe. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die Ehe auch die Grundlage für eine Familiengründung ist und in der Bundesverfassung besonders geschützt wird, während ein gleichgeschlechtliches Paar aus biologischen Gründen keine gemeinsamen Kinder haben kann. Beim gleichgeschlechtlichen Paar geht es um eine Lebensgemeinschaft zweier erwachsenen Personen mit gegenseitiger Verantwortung.

Das im Jahr 1999 durchgeführte Vernehmlassungsverfahren zum Grundlagenbericht hat gezeigt, dass die eigenständige registrierte Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare am ehesten politisch konsensfähig ist.

Eine Öffnung des verfassungsrechtlich geschützten Instituts der Ehe war selbst von Befürwortern als politisch kaum realisierbar betrachtet worden. Sie würde nach herrschender Auffassung auch eine Verfassungsänderung nötig machen, ein mühsamer und langer Weg ohne Garantie, dass er letztlich zum Ziel führen würde.

Der Vernehmlassungsentwurf fasst in einem Spezialgesetz die Bestimmungen über die Begründung und Auflösung der registrierten Partnerschaft zusammen und stellt die Rechte und Pflichten, welche die beiden Partnerinnen oder Partner untereinander haben, transparent dar. Vorgesehen sind insbesondere:

  • eine gegenseitige Beistands- und Rücksichtnahmepflicht
  • eine Unterhaltspflicht
  • ein Schutz für die gemeinsame Wohnung
  • ein Recht jeder Partnerin und jedes Partners zur Vertretung der Gemeinschaft gegenüber Dritten
  • eine gegenseitige Pflicht, sich über Einkommen und Vermögen zu orientieren
  • Bestimmungen über das Vermögen
  • ein Erbrecht im gleichen Umfang wie bei Ehegatten
  • ein Anspruch auf eine Aufenthaltsbewiligung für eine ausländische Partnerin oder einen ausländischen Partner.

Der Vorentwurf stützt sich auf folgende Leitlinien:

  • Die registrierte Partnerschaft steht ausschliesslich gleichgeschlechtlichen Paaren offen. Heterosexuelle Paare können heiraten. Deshalb soll für sie nicht eine Alternative geschaffen werden.
  • Die gesetzliche Regelung soll möglichst einfach und transparent sein.
  • Wo eine Regelung materiell einer eherechtlichen Bestimmung entspricht, soll die Formulierung soweit wie möglich übernommen werden, damit die im Zusammenhang mit dem Eherecht entwickelte Doktrin und Praxis in gleicher Weise anwendbar ist.
  • Auch wenn sich die gesetzliche Regelung als Ganzes von der Ehe unterscheidet, sind in gewissen Bereichen pauschale Verweise auf die Rechtstellung von Ehegatten nicht ausgeschlossen. Das gilt insbesondere im Sozialversicherungs- und Steuerrecht.

Welches sind die wesentlichen Unterschiede der registrierten Partnerschaft zur Ehe?

  • Das Verfahren der Registrierung ist straffer geregelt als das Verfahren bei der Eheschliessung.
  • Nur wer einen Bezug zur Schweiz hat (Schweizerbürgerrecht oder Wohnsitz in der Schweiz) kann sich registrieren lassen.
  • Gleichgeschlechtliche Paare sollen, gleich wie im neuen finnischen Recht, keinen gemeinsamen Namen tragen.
  • Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft hat keine Auswirkungen auf das Bürgerrecht.
  • Grundlage ist die Gütertrennung. Es sind keine unterschiedlichen Güterständer vorgesehen. Durch Verträge kann aber besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen werden.
  • Gleichgeschlechtliche Paare können keine Kinder adoptieren und werden zu fortpflanzungsmedizinischen Massnahmen nicht zugelassen.
  • Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft kann einfacher aufgelöst werden als eine Ehe.

Die Erfahrungen der skandinavischen Staaten mit der registrierten Partnerschaft zeigen, dass die Zahl der Paare, die sich registrieren lassen, relativ bescheiden geblieben sind. Unabhängig von den Zahlen sind wir aber zum Handeln aufgerufen, und zwar aus drei Gründen:

  • Von der gesetzlichen Regelung wird ein wesentlicher Beitrag zur Beendigung von Diskriminierung und Abbau von Animositäten und Vorurteilen gegenüber der Homosexualität erwartet.
  • Wir wollen rechtliche Ungleichheiten, insbesondere im Hinblick auf erbrechtliche, ausländerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte abbauen.
  • Schliesslich geht es um die Anerkennung von Leistungen gegenseitiger Fürsorge und Vorsorge, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften erbracht werden. Für das Zusammenleben in der Gesellschaft ist es erwünscht, dass Menschen in verlässlichen Beziehungen leben können.

Die Regelung führt zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen und zu einer entscheidenden Besserstellung gleichgeschlechtlicher Paare, sowohl im Verhältnis zum Staat als auch gegenüber Dritten. Die Regelung setzt auch ein Zeichen der Toleranz und des Verständnisses für die Homosexualität und damit für alle Männer und Frauen, die eine Partnerin bzw einen Partner des gleichen Geschlechtes haben.


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